Lange Zeit galt Alfa Romeo als der „Ferrari des kleinen Mannes“. Auch die frisch überarbeiteten Alfa-Romeo-Verkaufsschlager Giulia und vor allem der SUV-Bruder Stelvio strahlen in ihrem schnittigen und gleichzeitig klassischen Design eine italienische, fast schon traditionelle Eleganz aus, die aus der Masse hervorsticht. Wer genauer hinschaut, erkennt, dass das Facelift der beiden Modelle generell recht überschaubar ausfällt. Abgesehen von einigen Veränderungen an der Front, den neuen serienmäßigen Matrix LED-Scheinwerfern und einem etwas stärker digitalisierten Cockpit hat sich nicht viel getan.
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Der Blick aufs Papier fällt also ernüchternd aus, die erste Sitzprobe in der schnittigen Sport-Limousine Giulia lässt den trockenen Datenvergleich aber schnell vergessen. Das extrem hochwertig ausgestattete Cockpit schmiegt sich regelrecht um den Fahrer und versprüht den eingangs erwähnten Hauch eines Ferraris. Trotz des neuen Fahrer-Displays, welches erstmals die klassische Alfa-Romeo-Tacholandschaft ersetzt, fühlt der Giulia sich schon in den ersten Augenblicken wie eine reinrassige Fahr-Maschine an. So lässt sich das Display auch auf Wunsch in eine digitale Replik der klassischen Alfa-Instrumente der 1960er- und 1970er-Jahre verwandeln - ein wenig Spielerei und ein klarer Fokus auf Mensch und Maschine mit einem Hauch Nostalgie.
Kein Hybrid, dafür wenig Gewicht
Bei der Maschine hat man auf übermäßige Komplexität verzichtet und setzt nur noch auf zwei Vierzylinder-Varianten mit Allradantrieb. Entweder werden Giulia und Stelvio durch einen 280 PS starken 2,0-Liter-Benziner angetrieben oder durch einen 210-PS-Diesel mit 2,2 Litern Hubraum. Flüsterleise Hybrid-Experimente sucht man vergebens, dafür sind Giulia als auch Stelvio aber auch deutlich leichter als ein Großteil der Mitbewerber und dürften darüber wieder Kraftstoff einsparen. Wirklich sparsam sind beide dennoch nicht unterwegs. Beim Giulia wird der Benziner mit 8,4 Litern auf 100 Kilometer angegeben, der Diesel mit 5,8 Litern. Beim etwas schwereren Stelvio liegen die Werte noch etwas darüber.
Das eng um den Fahrer geschlungene Cockpit verstärkt den sportlichen Auftritt, ein Platzwunder ist der sportliche Viertürer aber eher nicht.
Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl Giulia als auch Stelvio beim Druck aufs Gaspedal mit einem fast schon leichtfüßigen Auftreten ungeheuer Laune machen. Geradezu virtuos kleben beide an der Straße, beim Giulia sind Kurvenlage und -Grip karosserieformbedingt noch beeindruckender. Das eng um den Fahrer geschlungene Cockpit verstärkt den sportlichen Auftritt, ein Platzwunder ist der sportliche Viertürer aber eher nicht. Besonders der Kofferraum mit Limousinen-typisch kleiner Öffnung ist nicht gerade beeindruckend (480 Liter).
Ein SUV als „Driver's Car“
Im deutlich geräumigeren Stelvio sieht das naturgemäß anders aus. Der massigere SUV bietet ein deutlich aufgelockertes Raumgefühl, auf allen Sitzplätzen ist deutlich mehr Platz und der Stauraum im Kofferraum fällt üppiger aus (525 Liter, 1.600 Liter bei umgeklappter Rückbank). Auch wenn man durch die Fahrzeuggröße eher zum Cruisen verleitet wird, steht der Stelvio seiner kleinen Schwester in nichts nach. Die Giulia-Motoren machen auch dem SUV ordentlich Beine. Die Fahreigenschaften fallen ähnlich positiv aus, auch in schnell gefahrenen Kurven kommt der Stelvio nicht ins Wanken.
Nicht umsonst bewirbt Alfa Romeo beide Fahrzeuge als „Driver's Car“, also als Auto für Autofahrer, die eben noch die pure Freude am Fahren erleben wollen. Moderne Spielereien waren nicht die Priorität. Wer einen Alfa Romeo kauft, will keinen Tesla haben.
Infotainment nicht mehr zeitgemäß
Man kann darüber streiten, ob diese Tatsache wirklich ein nicht mehr konkurrenzfähiges Infotainment-System rechtfertigt, welches mit 8,8 Zoll Bildschirmdiagonale alles andere als zeitgemäß erscheint. Die Software läuft, aber wirklich flüssig ist anders. Auf unserer kurzen Testfahrt gab es mehrere deutliche Hänger und sogar Falschinformationen vom Navigationssystem. Das kann ein großer Teil der Konkurrenz mittlerweile deutlich besser.
Relativ einzigartig ist das individuelle digitale NFT-Zertifikat in jedem Fahrzeug, welches dafür sorgen soll, dass jeder neue Giulia und Stelvio mit seiner Fahrzeug- und Servicegeschichte einzigartig und nicht veränderbar ist. Alfa Romeo möchte damit einen hohen Wiederverkaufswert garantieren und Manipulationen verhindern.
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Schon die Einstiegspreise sind zum Marktstart allerdings nicht von schlechten Eltern, starten sie doch beim Giulia bei über 50.000 Euro und beim Stelvio bei rund 53.000 Euro. Dafür liefert auch schon die Konkurrenz, die durchaus schon moderner unterwegs ist, ähnliche Angebote. Das Ausstattungs-Karussell ist bei Alfa Romeo vergleichsweise übersichtlich. Vier Linien werden angeboten: "Sprint" bildet die Basis, "ti" bietet mehr Eleganz, "Veloce" legt mehr Wert auf Sport. Dazu gesellt sich das Sondermodell "Competizione" in einem besonders matt schimmerndem Lackkleid.
Wem es trotz „Ferrari des kleinen Mannes“-Flairs noch an Leistung fehlt, muss sich noch bis Mitte des Jahres gedulden. Dann schiebt Alfa Romeo das Facelift als rund 510 PS starke „Quadrifoglio“-Variante nach.
„From 0 to 0“ mit 1.000 PS
Nicht außen vor lässt Alfa Romeo bei der Präsentation der Giulia- und Stelvio-Facelifts, dass man ab dem kommenden Jahr auf Elektroantriebe setzen werde und bis spätestens 2028 nur noch E-Alfas im Angebot haben will. In den Slogan „From 0 to 0“ kann man durchaus hineininterpretieren, dass man auf dem Weg zur emissionsfreien „0“ ein bisschen spät gestartet ist und mehr oder weniger bei „0“ anfängt.
Beim Elektro-Giulia will man dennoch klotzen statt kleckern. Für die elektrische Generation plane man für 2025 mit einem Basis-Modell mit 345 PS, der „Veloce“-Version mit 790 PS und einem rund 1.000 PS starken „Quadrifoglio“, so Alfa-CEO Jean-Philippe Imperato. Als Reichweite peile man dabei rund 700 Kilometer an. Damit wird aus dem „Ferrari des kleinen Mannes“ dann wirklich fast ein Ferrari ...
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Author: Vanessa Gibson
Last Updated: 1700408162
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